Wer genau hinschaut, wird bei aller Dramatik den souveränen Umgang mit der Fülle und der Leere, die Balance in den Klängen und Rhythmen sowie das Spiel mit dem Faktor Zeit nicht verkennen. Und die Gemälde von Holthoff sind ebenso wenig wie die von Swan auf den ersten Blick zu „durchschauen“, vielmehr braucht es Zeit, sich auf sie einzulassen.
Im bisherigen Werk von Jan Holthoff, ob in der Reihe der „Broken Vistas“, der „Chemical Landscape“ oder auch bei seinem „Wetterhorn project“ im Düsseldorfer Malkasten im vergangenen Mai spielt die Landschaft, mit Vorliebe die urzeitliche Gebirgslandschaft, eine wichtige thematische Rolle Natürlich gibt es noch eine Reihe anderer thematischer Felder in seiner Malerei. Aber weder die Landschaft mit allen möglichen Fenstern ins Romantische noch andere figürliche Aspekte sind das eigentliche Thema, sondern allein die Malerei, nämlich eine Malerei reich an Erfahrungen – auch der Abstraktion sowie mit allen denkbaren Optionen reflektiver Wahrnehmung. Daher gibt es bei diesem Künstler – ähnlich wie bei vielen seiner Generation – keinen Unterschied zwischen figürlich und unfigürlich. In dieser Hinsicht befand sich Douglas Swan mit seiner Liebe zu den Dingen (und zur Musik) doch auf einem anderen Ufer.
Die Reihe der „Frozen Gestures“ von Holthoff, die Kandinsky vielleicht „Improvisation“ und Chopin „Impromptu“ genannt hätte, haben vordergründig viel mit der unfigürlichen zeichnerischen bzw. malerischen Gestik der Informellen Kunst der Nachkriegszeit zu tun. Ist eine solche Annäherung an die „Sprache“ der Großvätergeneration nicht überraschend? Oder liegt in einem solchen Blick zurück nicht auch ein Moment der Freiheit? Und damit steht Holthoff offensichtlich nicht ganz allein da. So heißt es in einer Besprechung der gegenwärtigen Berliner Ausstellung „Painting Forever“: “Eine neue Entwicklung ist die Vorliebe junger Maler für das Informel.“ (ZEIT, 19.09.2013) Vielleicht darf man in diesem Zusammenhang an die Düsseldorfer Ausstellung im Museum Kunstpalast von 2010 „Le grand geste“ erinnern. Allerdings sollte man auch hier das Muster von Angebot und Nachfrage nicht überstrapazieren.
Mit der so selbstverständlich gewordenen Freiheit, für die Informellen der Nachkriegszeit eine wesentliche Errungenschaft und existentielles Thema, die hier in der Nutzung wie selbstverständlich den gelenkten Zufall einbezieht, und vor dem Hintergrund von Bewusstheit und Verantwortung geht es bei diesen Gemälden der Reihe „Frozen Gestures“, die das Sehen, die Empfindung und Reflexion herausfordern, insbesondere um Entfaltung und Behauptung der Subjektivität. Gemeint ist jener auf das Individuum gestützte subjektivische Humanismus, der nachdrücklich gegen jeglichen blinden Funktionalismus in der Verantwortung des Einzelnen besteht, natürlich auch des Künstlers wie des Betrachters, wovon kürzlich David Gelernter – damit in eine entsprechende Richtung wie der Philosoph John Searle weisend – in der FAZ (17.09. 2013) ausführlicher gesprochen hat.
Holthoffs „Frozen Gestures“ erstarren nicht, da bin ich sicher, zu einer merkantilen „Signatur“, auch in diesem Punkt gibt es einen deutlichen Bezug zu dem auf Vielfalt angelegten Swan. Vielmehr lassen seine Werke uns teilhaben an sensitiver, mentaler Tiefe und Weite einer jungen, reichen Malerpersönlichkeit, auf deren künftige „Haupt- und Nebenwege“ wir gespannt sein dürfen.